Am 5. April 1837 wurde die Scheune der Bauersleute Joachim Christoph Schulz und Anna Catharina Schulzen gerichtet. Wir wissen nicht, ob das groß gefeiert wurde. Aber der Bau in dieser Größe zur damaligen Zeit muss die Familie schon Kraft gekostet haben, und der gelungene Bau war sicher ein Grund zur Freude.
Scheunen gibt es in Satemin viele. Was macht diese so besonders? Die Scheune der Eheleute Schulz ist das einzige Gebäude (außer Kirche und Spritzenhaus) das den grossen Brand von 1850 überstanden hat. Alle anderen Häuser und Scheunen wurden im Sommer und Herbst 1850, nachdem das ganze Dorf in Schutt und Asche lag, neu aufgebaut.
Wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts immer noch üblich wurde das Dach der Scheune mit Reet gedeckt. Davon zeugen die weit auseinander stehenden Dachsparren. Die Scheune ist als sogenannte Durchscheune gebaut. Das heißt, sie hat zwei große Tore, eines zum Dorf und eines zur Wiese. Die wesentlichen tragenden Hölzer sind aus Eiche. Die aussteifenden Riegel und Querriegel aus Laub- oder Nadelhölzern. Da wurde nicht auf Schönheit geachtet. Man nahm, was da war, auch unbehauene, krakelige Stämme. Die seitlichen Wände wurden in Lehm mit Staken und Stroh gearbeitet. Und obwohl die Scheune ein Gebäude war, das nur zum Zwecke der landwirtschaftlichen Arbeit gedacht war, waren die Bauersleute auf Repräsentation bedacht. So sind beide Giebel, nicht nur der dorfseitige, mit Schmuckelementen versehen. Die Torbögen und die Giebelbalken tragen Inschriften. Zierblüten wurden nicht nur aufgemalt sondern vom Zimmerer gestochen, die Giebel sind mit Ziegeln ausgemauert. Auffällig auch, dass beide Giebel mit Giebelspitzen versehen wurden. Üblich war damals eigentlich nur, dass die repräsentativen Giebelspitzen der Häuser, die direkt am Dorfplatz standen, solche Schmuckelemente trugen.
Das Wendland war Mitte des 19. Jahrhunderts eine Gegend mit solidem Wohlstand. Die Bauern bauten Flachs an und verarbeiteten es zu Leinen. Das schaffte Arbeitsplätze und Einkommen. Wir dürfen uns die Dörfer damals also ganz anders als heute als dicht besiedelt, lebhaft und mit prosperierender Wirtschaft vorstellen.
Ob der Bau der Scheune nun zur Lagerung des Flachses diente oder für die klassische Landwirtschaft, für Heu, Stroh, oder als Ort für die Verarbeitung des Getreides, zur Haltung von Vieh, das wissen wir nicht.
Wie es vor der Aufgabe der Landwirtschaft Mitte der 1970er Jahre dort aussah, was darin in den Jahrzehnten davor passierte, auch zu Zeiten, als es noch keine Traktoren gab, das ist noch sehr gut ablesbar. In einer der Abseiten wurden Tiere gehalten. Wahrscheinlich Kühe. Der gestampfte Lehm ist niedergetreten. An den Balken sind dicke Eisenringe befestigt. Die Lehmwände wurden durch Ziegel ersetzt. Wahrscheinlich waren sie durch die Exkremente der Tiere beschädigt. Die andere Seite der Kübbung, die sogenannte Remise, diente als „Garage“ für Wagen und landwirtschaftliches Gerät. Wir fanden dort einen hölzernen Güllewagen vor, zahlreiche Reste von Deichseln für die Ackergeräte und Ochsengespanne. Mehrere Pflüge für Pferdegespanne einscharig und zweischarig.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat die Mechanisierung Einzug gehalten. Eine Dreschmaschine der Firma Franz Schütte aus Berlingerode am Ostharz wurde eingebaut. Sie trägt das Reichsgebrauchsmuster Nr. 278570, das wahrscheinlich aus dem Jahr 1894 stammt. Zunächst wurde die Dreschmaschine mit einer hinter der Scheune stehenden Dampfmaschine betrieben. Dicke Treibrieben führten durch die Außenwände hinein zur Antriebswelle. Es muss mächtig Lärm gemacht, und vor allem gewaltige Vibrationen ausgelöst haben. Ein Umstand, der die starken Schäden am Fundament der westlichen Seite verursacht haben könnte. Später, als Satemin elektrifiziert war, baute man in die Scheune einen Elektromotor ein, die Reste davon haben wir noch vorgefunden.
Seit Mitte der 1970er Jahre lag die Scheune still. Eingefroren, wie die Bauersleute sie verlassen haben. In einem Schubfach der Dreschmaschine fanden sich noch Kontoauszüge, die von der monatlichen Unterstützung für den Besitzer aus der Alterskasse der Landwirte erzählen.